Liebs-Siedlung
Ein historischer Spaziergang durch die Liebssiedlung von Neustadt-Glewe.
(von Gerhard Düker)
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Der Name „Lieps“ ist slawischen Ursprungs und bedeutet übersetzt „Linde“.
Unsere Lieps wird seit Jahrhunderten sowohl mit „p“ als auch „b“ geschrieben. Durchgesetzt hat sich das „b“.
Bereits 1333, in der Bestätigung der Grenzen der Neustädter Feldmark durch den Grafen Heinrich von Schwerin wird ausdrücklich der südliche unserer fraglichen Dorfstelle (Glewe) gelegene „silvam Liptz“ (Lindenwald) genannt, auf der Karte von Zühlsdorff (linkes Bild) die „Liebs“ als innerhalb der Grenzen des Stadtfeldes gelegen aufgeführt.
Die Liebs-Allee führt vom Schloss über den heutigen Bahndamm und die Parchimer Straße in Richtung Liebs.
Sicher waren nicht nur die Aktivitäten der Techniker schuld daran, dass die „Liebs-Allee“ im Volksmund schon seit langem als „Liebes-Allee“ bekannt ist.
Bei Pastor Kallis lesen wir 1912 zum weiteren Verlauf der Strecke:
„(…)daß man von der Parchimer Chaussee zwischen dem Bahnmeisterhause und dem Geleise …
… südlich angehend bei einem kleinen Gehöft vorüber in die zur mit Laubholz bestandenen L i e b s k o p p e l führende Trift, die auch mit Eichen und Birken eingefasst ist, kommen kann.“
In diesem “Kuhtrift” genannten Weg soll man noch heute den Dorfanger des alten deutschen Kolonistendorfes mit dem Namen „Glewe“ erkennen.
Nach der Stadtgründung sind die Dorfbewohner dorthin gezogen.
Im Ludwigsluster Tageblatt vom 23.November 1935 wurden zwei Häusertypen, die für die Bebauung der Liebs vorgesehen waren, vorgestellt.
Die Häuser der entstehenden Liebs-Siedlung unterscheiden sich durch die Fensterfront von anderen Siedlungen. In der Liebs sind es zwei Fenster, in der Parchimer Straße eines im Erdgeschoss.
Geplant waren 100 Siedlerhäuser. In zentraler Lage sollte ein „Haus der Arbeit“ mit einem großen Appellplatz entstehen.
Dieser Plan wurde aber nicht realisiert.
Am 21.Mai 1935 wurde der Vertrag zwischen der Mecklenburgischen Heimstätten GmbH und jedem neuen Bewohner der Liebs-Siedlung abgeschlossen.
Haus- und Grundstücksbesitzer wurden die „Liebser“ aber erst mit dem Vertrag vom 31.März 1939.
Die Größe ihrer „Scholle“ lag zwischen 1586 m2 und 1940 m2.
Gebaut haben die Häuser u.a. die Neustädter Baufirmen wie Kurz, Schriever, Thees und Leitmann.
Dieser Artikel aus dem „Neustädter Anzeiger“ vom 14.Dezember 1935 weist auf die Hilfe der Studenten vom Technikum beim Baubeginn hin.
Die Schachtarbeiten mussten in Eigenleistung erfolgen.
Hier nun die Liste mit den Erbauern und ersten Bewohnern der Liebs-Siedlung:
Hausnr. Name der Bewohner Anz. d. Kinder
01 Hortzig, Paul 01
02 Soost, August 03
03 Eggert, Wilhelm 01
04 Wulf, Karl a) (Beier b)) 01
05 Techow, Karl 01
06 Priess, Herrmann 03
07 Schlosser a) (Rebesky, August b)) 03
08 Barein, Max 02
09 Baars, Fritz 06
10 Schuldt, Friedrich 05
11 Schult, Herrmann 02
12 Mellmann, Emil 01
13 Dehne, Herrmann 01
14 Löber, Otto 02
15 Rode, Hans 03
16 Stapel, Fritz 03
17 Beyer, Willi 03
18 Westphal, Artur 04
19 Krohn, Adolf 03
20 Sperling, Hans 09
21 Hinz, Otto 02
22 Petow, Karl 01
23 Geicke, Otto 02
24 Schult, Herrmann 03
25 Ziems, Walter 05
26 Hagen, Albrecht a) (Hense, Walter b)) 03
27 Dehn, Heinrich 02
28 Schreiber, Willi 01
29 Behning, Wilhelm 02
30 Zacharias, August 02
31 Demny, Richard 02
32 Mursewiek, Walter 03
33 Hüning, Wilhelm 08
34 Heisig, Valentin 02
35 Laudan, Richard 02
36 Prager, Johann 05
37 Kochrian a) (Brandt, Walter b)) 02
38 Modriker, Johann 02
39 Ewert, Johann 04
40 Lübbe, 02
41 Zeise, Max 02
42 Maak, Johannes 04
43 Ahlgrimm, Fritz 02
44 Leimann, Ernst 05
45 Jahnke, Karl 03
46 Grünert, Reinhold 10
47 Schult, Albert 02
48 Pagels, Fritz a) (Weidemann, Heinrich b)) 01
49 Ide, Ernst 03
50 Cartens, Johann 04
51 Voigt, Reinhold 02
52 Schmätke, Adolf 02
53 Meeser, Willi 03
54 Dreffin, Karl 06
55 Moldenhauer, Hans 02
56 Krüger, Ernst 06
57 Schröder, Wilhelm 04
58 Krambeer, a) Herrmann (Kluth, b)) 04
59 Schwabe, Wilhelm 03
60 Bohn, Johannes 03
1938 gab es in der Liebs-Siedlung 180 Kinder. Theoretisch hatte jede Familie 3 Kinder. Aber eben nur theoretisch.
1995 lebten in der Siedlung 21 Kinder.
Im II. Weltkrieg fielen Heisig, Mellmann, Modriker, Schult und Bohn.
Andere Familien siedelten sich nach 1945 als Neubauern in Werle, Balow und Möllenbeck an. Es waren die Siedler Lübbe, Meeser, Dreffin und Prager.
Im August 1945 erfolgte die Zwangsräumung der Siedlung durch die Rote Armee. Nach ca. 2 Jahren konnten die Eigentümer wieder in ihre Häuser einziehen. Aber außer den nackten Mauern war nicht viel geblieben. Beim Wiederaufbau lieferte der ehemalige Flugplatz das erforderliche Material.
Zeichenerklärung:
- Er war der Bauherr, hat aber nicht lange dort gewohnt und das Haus an die Tochter übergeben. Hat unter Umständen dort aber noch länger gelebt.
- Unter diesem Namen kennen die meisten „alten Liebser“ das Haus und Grundstück.
Die Liste der Erbauer und ersten Bewohner, sowie die darunter genannten Fakten stammen von Barbara & Walter Schneider.
Links vorbei hinter diesem bereits oben gezeigten Stein kommen wir in den ersten Bauabschnitt.
Über die Fliegerchaussee kam man in die geplante Hauptstraße, Liebs-Siedlung 13 bis 32.
Bei Frau Schreiber in der Nr. 28 gab es Anfang der 50er Jahre Milch aus Kannen.
Danach bei Frau Carstens in der Nr. 50 Mitte der 1950er Jahre neben Milch noch Mehl, Zucker und Süßigkeiten.
Hier sehen wir Fritz Stapel und August Zacharias bei einem kleinen Plausch.
In der Nr. 30 war ab spätestens 1960 ein kleiner Laden.
Über diesen Durchgang gelangt man in die Parallelstraße.
Wir finden ihn bereits in der Planung der Liebs - Siedlung.
Wir blicken aus der Siedlung auf die Achterreihe.
Diese Aufnahme von 1952 zeigt uns auf der linken Seite die freie Fläche, …
„Der Stolze Siedler“ wurde ab 1994 als private Gaststätte von Eberhard Partsch betrieben.
Im Jahr 2000 kaufte er das Gebäude.
Seit 2014 ist es ein Wohnhaus.
Links im Bild sehen wir die Fläche vom Spielplatz, der zu DDR-Zeiten geschaffen wurde.
Viele der Birken, die wir auf dem Bild von 1952 noch sehen, wurden zwischenzeitlich gefällt.
Die Birken standen ehemals bis zum Flugplatz.
Der Spielplatz soll von Anfang an bestanden haben. Nach der Wende mit neuen Spielgeräten bestückt, steht er seit Jahrzehnten einmal jährlich im Mittelpunkt aller Liebser.
Links am Spielplatz vorbei geht es weiter in die Liebs-Siedlung.
Hier befand sich der Sportplatz der Wehrmacht und später waren hier Luftschutzbunker.
In den 1970er Jahren kam es hier zu einem komplexen Garagenbau.
Vor dem Garagenbau au hatten die Liebser Kinder nach dem Krieg hier „ihren“ Sandberg.
Das war der Rest zur Verfüllung der Luftschutzbunker.
Viele Häuser wurden so grundlegend saniert, dass der Charakter und Charme der alten Gebäude verloren gingen.
Dieses Haus hatte am 25.August 2017 Richtfest. Rechts sehen wir das Gebäude im November 2017.
Am Ende der Straße befindet sich eine Wendeschleife, da eine Weiterfahrt zum Flugplatz nicht möglich ist.
Höhepunkt und Tradition ist das jährliche Siedlerfest, das als reines Kinderfest begann. Los ging es mit einem gemeinsamen Umzug der Einwohner.
Eröffnet wurde das Fest mit einer Ansprache des Bürgermeisters. Hier sehen wir Erich Busse, Stadtoberhaupt von 1971 bis 1981.
Dieses Fest wurde von vom Lederwerk unterstützt. Links im Bild sehen wir den Gewerkschaftsvorsitzenden Necker.
Diese Aufnahme von den Kindern entstand wahrscheinlich vor den Wettkämpfen, die für sie organisiert wurden.
Manchmal erfolgte eine Einweisung (linkes Bild), was aber das Dosenwerfen nicht erforderte.
Solche Haarkränze sind auch heute noch modern. Wer nicht aktiv war, den traf man als Zuschauer.
Haben wir es hier mit einem der jährlichen Arbeitseinsätze oder den Nacharbeiten des Siedlerfestes zu tun?
Diese Aufnahme entstand 1995.
Noch ist der „Stolze Siedler“ weithin sichtbar.
Das erste Material ist bereits angeliefert.
Barbara und Walter Schneider machten sich Gedanken, was als bleibendes Andenken zur 80-Jahrfeier der Liebs-Siedlung geschaffen werden kann.
Nach langem Tüfteln sieht der Rohling dann so aus.
Auf der Rückseite finden wir das Wahrzeichen unserer Stadt: die Burg.
Für diese Idee gilt Barbara und Walter Schneider ein besonderer Dank.
Karin Beckmann, Gerhard Düker
aktualisiert: 17. Dez. 2017
Auskunft zur historischen Entwicklung der Straße erteilt:
Herr
Gerhard Düker